Der brasilianische Real hat sich zuletzt positiv entwickelt

Ein Blick auf das Anlagejahr 2022 in Bezug auf Währung und Staatsanleihen zeigt Brasilien unter den großen Schwellenländern als den am besten performenden großen Markt. Auch Year to Date hat der brasilianische Real diesen Trend fortgesetzt und seine Anleger:innen nicht enttäuscht. Was hat den Markt getrieben und wie könnte es weitergehen?

Ein Gutteil der starken Performance der vergangenen anderthalb Jahre verdankt der Real dem besonders guten Exportmix Brasiliens und den Exportpartnern des Landes – allen voran China, das der wichtigste Handelspartner Brasiliens und daher von noch größerer Bedeutung als die USA und die Euro-Zone ist. Die Exportgüter Brasiliens – dazu zählen Zucker, Kaffee, Sojabohnen, Orangensaft, Tabak, aber auch Rind- und Hühnerfleisch sowie Erdöl- und Erdölerzeugnisse – sind weltweit gefragt und Brasilien konnte insgesamt trotz der unterschiedlichen Preisentwicklungen der einzelnen Rohstoffe sehr stark profitieren. Insgesamt hat sich der Wert der Exporte, in Dollar gerechnet, seit Anfang 2021 um 60% erhöht.

Das hat der Entwicklung der Währung natürlich sehr stark geholfen und auf der Einnahmenseite auch dazu geführt, dass die Verschuldung Brasiliens unerwartet gefallen ist. Bereits in der letzten Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro hat Brasilien einen hohen Einnahmenüberschuss liefern können, der nicht aufgrund von Sparmaßnahmen, sondern extern durch den starken Rückenwind auf der globalen Handelsseite getrieben war.

Diese Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Brasilien fiskale Probleme und politische Unsicherheiten aufweist bzw. die jüngste sehr gute Performance der Währung ihren Ausgang von sehr niedrigen Niveaus genommen hat.  Für Anleger:innen war daher auch sehr spannend, wie der neue – und auch alte – Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, diese fundamentalen Probleme, insbesondere die Fiskalpolitik, angehen wird. Bislang war die von Temer eingeführte Schuldenobergrenze, nämlich die gesetzliche Vorgabe, dass die Ausgaben nur im Rahmen der Vorjahres-Inflation ansteigen dürfen, das wichtigste Instrument dafür, dass keine reale Ausgabenerhöhung stattfindet. Eine Maßnahme, an die sich Bolsanaro in der Pandemie nicht gehalten hat und die Lula immer stark wegen der fehlenden Flexibilität in Phasen des Abschwungs kritisiert hatte. Er machte daher noch vor der Wahl klar, dass es hier zu einer Änderung in seiner Amtszeit kommen würde.

Das neue Modell sieht nun einen höheren fiskalischen Spielraum vor, mit der Möglichkeit, kontrazyklisch agieren zu können. Das heißt, in schwächeren Phasen kann fiskalseitig unterstützt werden und in Expansionsphasen wird mehr zur Seite gelegt, um einen Primärüberschuss zu generieren und Schulden abzubauen. Ende Juni soll der Gesetzesentwurf dazu im Nationalkongress abgestimmt werden. Ziel ist es, die Einnahmen zu erhöhen und weniger die Ausgaben zu kürzen. Aus Sicht der Anleger:innen ist das nicht optimal, da die Steuerbelastung Brasiliens im Vergleich zu anderen OSZE-Ländern ohnehin sehr hoch ist und man so weiter an dieser Schraube dreht. Aber man ist dadurch dem Gleichgewichtszinssatz wieder näher gekommen und inzwischen hat sich der Markt mit der zu erwartenden Fiskalregel etwas angefreundet. Solange die Unsicherheit da ist, ob sich der Entwurf ohne negative Überraschungen im Senat durchsetzen wird, ist noch eine gewisse Risikoprämie im Markt, die sich danach reduzieren würde.

Emerging Markets

Wie entwickeln sich die verschiedenen Regionen der Schwellenländer? Finden Sie hier unseren Kapitalmarktbericht zu den Schwellenländern.

Vereinfachung bei Steuern

Ein weiterer Brocken ist die Steuerreform. Hier zielt eine Reform in erster Linie auf die Vereinfachung ab und weniger auf direkte Einnahmenerhöhung. Dennoch soll sie mittel- bis langfristig für die Wirtschaft unterstützend sein, denn Brasilien hat eines der komplexesten Steuersysteme der Welt und jede Vereinfachung wird vom Markt gerne gesehen. Die neue Regierung ist bemüht, mehr Spielraum der Zentralbank für schnellere und höhere Zinssenkungen zu geben. In diesem Zusammenhang wird über eine Veränderung des Inflationsziels diskutiert. Eine einfache Erhöhung des Inflationsziel würde vom Markt sehr negativ aufgefasst. Daher geht die Diskussion zum einen in Richtung der Erweiterung der Toleranz-Bandbreiten, zum anderen dahin, nicht die Jahresend-Inflation als Ziel heranzuziehen, sondern die laufende 12-Montats-Inflation. Letzteres könnte man argumentieren und dann hätte die Nationalbank mehr Spielraum, die Zinsen zu senken. Das würde auch die Staatsanleihen unterstützen und durch potenzielle Zuflüsse auch die Währung.

Der Markt geht davon aus, dass in den USA der Höhepunkt der Zinsanhebungen bald erreicht ist. Ein Umfeld, in dem so genannte Carry-Währungen wie der Brasilianische Real besonders gefragt sind. Und diese Entwicklung ist seit November bei den Emerging-Markets-Währungen zu beobachten. Für den Real ist zu erwarten, dass das noch eine Weile so bleiben wird, auch wenn vielleicht schon bald die Zinssenkungen kommen werden. Im Moment bietet der Geldmarkt in Brasilien etwas mehr als 13% (bei einem Leitzzins von 13,75%), Anleihen mit längeren Laufzeiten immerhin um die 11%. Mit der Inflation, die leicht unter 4% liegt und nur leicht höher erwartet wird, bleibt Anleger eine respektable Rendite. Die Konjunktur hat sich besser gehalten als erwartet und ist weit von einer Rezession entfernt. Brasilien ist durch immer noch gut unterstützt durch den Export und die Zentralbank kann bald damit beginnen ihre Zinsen zu senken. Derzeit ist noch eine gewisse Risikoprämie im Markt. Wenn sich das Fiskalproblem klärt und es zu keinen Störfaktoren kommt, ist Brasilien ein gesuchter Markt für Anleger:innen.

Gastkommentar erschienen am 26. Juni in der Börsen-Zeitung.

Dieser Inhalt ist nur für institutionelle Anlegerinnen und Anleger vorgesehen.

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