Investieren in Infrastruktur: Megatrend im Wandel

Nachhaltigkeit

Infrastruktur verbindet uns. Sie bringt uns Licht und Wärme, sorgt dafür, dass wir (meistens) rasch zur Arbeit und wieder nach Hause kommen, und ermöglicht, dass Handel stattfinden kann. Straßen, Schienen, Glasfasernetz, Funkmasten, Flughäfen, Krankenhäuser, Wasserversorgung, Müllentsorgung und vieles mehr: Als Netzwerk ist Infrastruktur allgegenwärtig. Wörtlich genommen ist sie der Unterbau für die Gesellschaft und die Wirtschaft. Beide sind vom ständigen Zugang zu effektiven Infrastruktursystemen abhängig. Schnelle Internetverbindung, fließender Verkehr, stabile Energieversorgung sind für unseren Geschäfts- und Lebensalltag grundlegende Selbstverständlichkeiten. Wehe, wenn einmal eine längerfristige Störung auftritt. Das Thema Infrastruktur ist ein echter globaler Megatrend – und das im Grunde dauerhaft. Sie muss am Laufen gehalten, erweitert und zukunftsfit gemacht werden. Welche Möglichkeiten der Geldanlage gibt es in diesem Bereich? Welche Chancen bieten sich dabei, mit welchen Risiken sind zu rechnen?

Trendwende bei der Infrastruktur

Lange Zeit war sowohl in den USA als auch in Europa "Sparen" das Motto bei der Infrastruktur. Nun gilt ein Großteil der Infrastruktur bereits als rückständig oder marode. Bereits 2016 prognostizierte der Verband der US-Bauingenieure drohende volkswirtschaftliche Verluste in Höhe von fast 4.000 Milliarden US-Dollar aufgrund verfallender und unzureichender Infrastrukturfür das kommende Jahrzehnt. In Deutschland sehen sich vier von fünf Unternehmen durch Infrastrukturmängel in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt, so eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) .

In den letzten Jahren setzte jedoch eine Trendwende ein. In aller Welt wurden einige ehrgeizige Programme und Projekte beschlossen. Infrastruktur ist der Schwerpunkt des InvestEU-Programms sowie der Initiative NextGenerationEU – zusammen sind sie über 1,1 Billionen Euro schwer. China ist mit der Modernisierung und Erschließung des Landes noch längst nicht "fertig" und steckt gewaltige Summen aus dem Staatshaushalt in Infrastrukturmaßnahmen. Und in den USA hat Präsident Joe Biden im Jahr 2021 ein Investitionspaket für Straßen, Brücken, Energie und digitale Netze im Umfang von mehr als einer Billion US-Dollar unterzeichnet. Große Geldmengen, die hier zur Verfügung gestellt werden und von denen zahlreiche Privatunternehmen, die in diesem Sektor tätig sind, profitieren könnten.

Infrastruktur wird nachhaltig und digital

Viele Menschen assoziieren mit Infrastruktur lediglich "Klassiker" wie Straßen, Bahntrassen oder Stromleitungen – die technische Infrastruktur. Um mit unserer schnell wachsenden und sich wandelnden Gesellschaft mithalten zu können, kommen aber stetig neue Aspekte wie Klimawandel, Digitalisierung, veränderte Mobilität oder Urbanisierung hinzu. Damit die Infrastruktur zu unserem zukünftigen Leben passt, muss sie tiefgreifend verändert werden.

Ein Beispiel: Damit die Energiewende gelingen kann, müssen die Stromnetze modernisiert werden. Die herkömmliche Infrastruktur ist für ein zentrales, auf fossilen Brennstoffen basierendes Energiesystem aufgebaut. Der Strom floss von Großkraftwerken in einer Einbahnstraße über die Netze bis zum Verbraucher. Mit zunehmender Einbindung von kleinen PV-Anlagen und Windkraftwerken fließt der Strom quer in alle Richtungen. Erneuerbare Energien – wie Wind und Sonnenenergie – sind volatiler und dezentraler, Konsumenten werden durch Solarmodule am Dach immer öfter auch Produzenten. Um Stromerzeugung und -bedarf aufeinander abstimmen zu können, muss das Stromnetz smarter und digitaler werden. (Mehr auch unter Energiewende: in eine umweltfreundliche Zukunft investieren.)

Energietransport, Energiespeicherung oder Management von Elektrizitätsnetzen müssen neu gedacht werden. Globale Datennetze, autonomes Fahren, Internet der Dinge, Smart Cities – alles verlangt nach neuen Lösungen im Bereich Infrastruktur. Heutzutage muss sie aber nicht nur intelligent und digital, sondern auch nachhaltig und klimaresilient sein. Um die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die 17 SDGs (Sustainable Development Goals), zu erreichen, ist viel neue Infrastruktur notwendig. Von sauberem Wasser bis zu nachhaltigen Gemeinden: die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) rechnet mit jährlichen Investitionen in der Höhe von etwa sieben Billionen US-Dollar, damit die Infrastruktur umweltschonend wird.

Die Besonderheiten von Infrastrukturinvestments

  • Der Sektor in sich ist sehr diversifiziert, er ist so vielschichtig wie sonst kaum ein anderer. Wasser, Transport, Energie und auch Bereiche wie Bildung, Gesundheit oder Telekommunikation fallen in den Bereich der Infrastruktur.

  • Infrastruktur wird grundsätzlich immer benötigt. Sie hat Grundversorgungscharakter und ist vergleichsweise unabhängig von der Entwicklung kurzfristiger Marktzyklen. Die Nachfrage nach Wasser- und Stromversorgung, Bau und Unterhalt von Verkehrswegen oder Telekom-Dienstleistungen ist relativ konstant.

  • Viele Unternehmensverträge werden langfristig – über einige Jahre oder gar Jahrzehnte – abgeschlossen. Dabei sind sie häufig an die Inflationsentwicklung gekoppelt (Preisanpassungsklauseln).

  • Im Infrastruktur-Bereich bestehen oft hohe Kapitalanforderungen und Gebietseinschränkungen. Um in einen bestehenden Markt überhaupt hineinzukommen, sind somit die Barrieren für neue Konkurrenz oft sehr hoch. Daher werden bestimmte Infrastruktur-Bereiche von nur wenigen Firmen dominiert.

Die Risiken von Infrastrukturinvestments

Neben den generellen unternehmerischen Unsicherheiten des operativen Geschäfts (z. B. Managementfehler, unvorhergesehene Mehrkosten) existieren für den Sektor Infrastruktur spezifische Risiken.

  • Regulatorische oder rechtliche Rahmenbedingungen können die Geschäftsaussichten grundlegend verändern.

  • Auch die Politik kann zu einem Unsicherheitsfaktor werden. So kann die Regierung der jeweiligen Region es sich schlicht und einfach anders überlegen und ein angedachtes Infrastrukturprojekt beispielsweise wegen Widerstands der Bevölkerung nicht umsetzen.

  • Hinzu kommen Naturgewalten, die gerade bei Infrastrukturanlagen sehr schnell gewaltige Schäden anrichten können.

  • Grundsätzliche Aktienrisiken (z. B. erhöhte Kursschwankungen, unvorteilhafte Wechselkursschwankungen) bleiben immer. Anleger:innen sollten diese Risiken kennen und berücksichtigen.

  • Bei Infrastruktur sollten Investor:innen einen mehrjährigen Anlagehorizont haben.

Stand: Juni 2023