Statistisch gesehen verbraucht jede:r Europäer:in im Durchschnitt ca. 14 Tonnen Rohstoffe pro Jahr und verursacht rund fünf Tonnen Abfall. Zahlen, die die Bedeutung und das Potenzial von Kreislaufwirtschaft für eine nachhaltige Zukunft sehr eindrücklich vor Augen führen. Daher darf Kreislaufwirtschaft bei den von Raiffeisen Capital Management definierten Zukunfts-Themen nicht fehlen.

Zukunfts-Thema "Kreislaufwirtschaft"

Ein Team von sechs Investmentexpert:innen unter Leitung von Thomas Bichler, Fondsmanager im Team Multi Asset Strategien, beschäftigt sich seit rund einem Jahr mit dem Impact, den der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft auf die Investments und den Investmentprozess der Fondsgesellschaft hat.

Enormer Ressourcenverbrauch durch „nehmen, benutzen und wegwerfen“

Um den erforderlichen Paradigmenwechsel hin zu einer Kreislaufwirtschaft anschaulich zu machen, eignet sich der Blick auf das derzeit vorherrschende – lineare – Wirtschaftssystem: Bei diesem werden Rohstoffe abgebaut und anschließend zu Produkten verarbeitet, die von Konsument:innen genutzt und schlussendlich weggeworfen bzw. entsorgt werden. Die Verantwortung für das Produkt endet für das produzierende Unternehmen nach dem Verkauf und geht auf die Konsument:innen über, die nun für die Entsorgung zuständig sind. Dieses System von „nehmen, benutzen und wegwerfen“ ist enorm ressourcenintensiv und daher auch nicht zukunftstauglich.

Kreislaufwirtschaft = Wert des Produktes bleibt erhalten

Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, Produkte und auch Materialien möglichst lange im Wirtschaftskreislauf zu halten. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu der "Wegwerfgesellschaft", Produkte so lange wie möglich in Gebrauch bleiben, repariert werden können, und wenn sie das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, ihre Einzelteile möglichst einfach wiederverwendet und recycelt werden können. Sprich: weg von der „Wegwerfgesellschaft“ und hin zu einer „Wiederverwendgesellschaft“ oder zumindest zu einer „Zurückbringgesellschaft“. „Ein Konzept, das uns in Hinblick auf unsere Investments besonders gut gefällt, ist der sogenannte Value Hill. In der Vergangenheit war die Sichtweise vorherrschend, dass ein Mehrwert nur in der Produktion geschaffen wird. Das bedeutet, dass nach dem Verkauf des Produktes der Wert durch die Abnützung gemindert wird. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es nun, den Wert der Produkte so lange wie möglich zu erhalten. Das hat natürlich große Auswirkungen auf die verschiedenen Unternehmen und Branchen“, so Thomas Bichler.

„Kreislaufwirtschaftsstrategien gehen weit über das Thema Recycling hinaus. Zentrale Problemstellungen der Kreislaufwirtschaft müssen bereits in der Produktentwicklung berücksichtigt werden. Wie können Produkte entwickelt werden, die weniger Ressourcen bei der Produktion verbrauchen, die möglichst lange haltbar sind, die leicht reparierbar sind, die wiederverwertet werden können und schlussendlich am Produktlebensende die Energie rückgewonnen werden kann. Das sind die viel zitierten ‚Rs‘: reduce, reuse, repair und schließlich recycle und recover“, so Bichler.

EU schafft regulatorische Rahmenbedingungen

Die Kreislaufwirtschaft ist eine besonders wichtige Säule im Rahmen des Green Deals der EU und spielt eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung und Erreichung der Klimaneutralität bis 2050. Mitte Juli 2023 hat das Europäische Parlament dafür gestimmt, den Entwurf für die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR, Ecodesign for sustainable products Regulation) zu verschärfen. Der vom Parlament verabschiedete Entwurf stellt darin u. a. Nachhaltigkeitsanforderungen für besonders umweltschädliche Produkte wie Metalle, Textilien, Möbel und Waschmittel in den Vordergrund. Darüber hinaus soll ein Verbot der Vernichtung von unverkauften Textilien sowie elektrischem und elektronischem Equipment eingeführt werden. Sollte der Entwurf von den Instanzen gebilligt werden, müssen Produkte in Zukunft energieeffizient, langlebig, reparierbar, wiederverwendbar und recycelbar sein, wenn sie auf dem EU-Binnenmarkt angeboten werden.

Thomas Bichler, Raiffeisen Capital Management
Thomas Bichler, Raiffeisen Capital Management

„Die ersten Unternehmen, die die Auswirkungen dieser Verordnung zu spüren bekommen werden, sind jene der Konsumelektronik- und Textilindustrie, aber wir rechnen damit, dass viele weitere Industrien folgen werden.“

Das heißt es ergibt sich eine unmittelbare Relevanz für eine Vielzahl an Unternehmen und Branchen und somit für Anleger:innen. Unternehmen mit Kreislaufwirtschaft können von folgenden Vorteilen profitieren:

  • Sicherung der Rohstoffversorgung (geringere Versorgungsrisiken, Reduktion der Rohstoffabhängigkeit, Wettbewerbsvorteile bei begrenzt verfügbaren Rohstoffen)

  • Kostenvorteile durch Ressourceneffizienz und Recycling (Stichwort: CO2-Steuer)

  • Rohstoffpreisschwankungen treffen Unternehmen weniger

  • Regulierungen treffen Unternehmen weniger oder gar nicht (Stichwort: Plastiksteuer)

  • Unternehmen sind für nachhaltige Investments interessant, sie profitieren von Kapitalflüssen in Richtung nachhaltige Geschäftsmodelle und damit im Endeffekt von geringeren Kapitalkosten

Investment Zukunft

Für Investor:innen, die tiefer in die Materie verantwortungsvolles Investment eintauchen wollen.

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Wo liegt der Fokus beim Zukunfts-Thema "Kreislaufwirtschaft"?

Bei der Analyse des Zukunfts-Themas Kreislaufwirtschaft hat sich Raiffeisen Capital Management auf die folgenden drei Ansatzpunkte konzentriert:

  • Bereiche mit hohem Materialeinsatz und hohen Abfallmengen

  • Bereiche mit hohen CO2-Emissionen – d. h. Bereiche, die für die Klimawende entscheidend sind bzw. wo starke Auswirkungen auf Unternehmen zu erwarten sind

  • Geschäftsmodelle, die vom Trend in Richtung Kreislaufwirtschaft profitieren

Der Themenschwerpunkt „Bauen/Bauwirtschaft/Baumaterialien“ ist sowohl was Materialeinsatz als auch CO2-Emissionen betrifft, einer der Schlüsselsektoren. Hier gibt es zahlreiche Überschneidungen und Anknüpfungspunkte zu anderen Zukunfts-Themen, insbesondere zu den beiden Themen „Rohstoffe“ und „Infrastruktur“. Speziell beim Bauen hat Österreich noch starkes Aufholpotenzial. Es ist europaweiter Spitzenreiter beim Flächenverbrauch. Täglich werden in Österreich ca. 11 Hektar Äcker und Wiesen, also rund 16 Fußballfelder beansprucht. Ziel wären schon seit Jahren max. 2,5 Hektar. Zwei weitere Themenschwerpunkte sind „Verpackungen und Verpackungslösungen“ sowie der Bereich „Elektromüll“. Hier spüren die Unternehmen die Auswirkungen der Regulierung sehr stark und sie stehen auch in Hinblick auf hohe Abfallmengen im Fokus unserer Analyse. Auch hier gibt es Überschneidungen mit dem Zukunfts-Thema „Rohstoffe“, aber auch – was den Elektromüll betrifft – mit dem Zukunfts-Thema „Technologie“.

Fazit:

Die zirkuläre Wirtschaft wird zweifelslos in nahezu jeder Branche an Bedeutung gewinnen, was dazu führt, dass die Kreislaufwirtschaftsstrategien der jeweiligen Unternehmen auch für die Investmententscheidungen und den Investmentprozess von Raiffeisen Capital Management immer relevanter werden.

Mehr erfahren über die österreichische Kreislaufwirtschaft

„Die Österreichische Kreislaufwirtschaft: Österreich auf dem Weg zu einer nachhaltigen zirkulären Gesellschaft“, Hrsg.: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Dezember 2022.

Dieser Inhalt ist nur für institutionelle Anlegerinnen und Anleger vorgesehen.

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